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Führungsrolle statt Opferrolle – der Weg zum Erfolg

  • Autorenbild: Babette Woldt
    Babette Woldt
  • 23. Mai
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 16. Juni

Female Empowerment

Frauen im Spannungsfeld zwischen patriarchalen Strukturen und Eigenverantwortung



Seit über zwanzig Jahren Arbeit in der Personalberatung erlebe ich bis heute, dass sich Frauen im beruflichen Umfeld schwerer tun als Männer und häufig unter ihren Möglichkeiten bleiben. Vor allem dann, wenn Unternehmen Führungspositionen im mittleren und oberen Management besetzen, ist es meiner Erfahrung nach am Ende meist ein Mann, der den Posten bekommt. Aber warum ist das der Fall? Oder ist meine Einschätzung etwa nur subjektiv und entbehrt jeder statistischen Grundlage?

 

Es liegt nicht nur an den Rahmenbedingungen

Schauen wir uns einmal die Zahlen an. 12,8 % der Vorstände der DAX-Unternehmen in Deutschland bestehen aus Frauen – eine unangenehm niedrige Zahl, wie ich finde. In meinem Arbeitsalltag, in dem es vor allem um Fach- und Führungskräfte für kleinere und mittlere Unternehmen geht, sind die Unterschiede zwischen Frauen und Männern ebenfalls enorm – wenn auch nicht ganz so drastisch.

Rund 28 % der Positionen im mittleren und höheren Management sind hierzulande von Frauen besetzt, demnach sind also 72 % der Vorgesetzten und Geschäftsführer männlich. Immer noch ein Ungleichgewicht, das meinen Eindruck als Personalberaterin bestätigt. 

Eine verbreitete und sicher auch folgerichtige Ansicht ist, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf politisch optimiert werden muss, damit mehr Frauen in Führungspositionen kommen. Dies kann und sollte aber nicht der einzige Lösungsansatz sein. Das Problem ist vielschichtiger und sollte daher auch von anderen Seiten betrachtet werden.

Sehen wir uns beispielsweise die Zahlen in den USA an, wird deutlich, dass die Besetzung von Führungsrollen nicht nur auf politische Strukturen zurückgeführt werden kann: Hier sind 40 % der mittleren und höheren Führungspositionen in Frauenhand – trotz dafür eindeutig schlechterer politischer Voraussetzungen. Es geht also nicht nur um Politik, sondern ebenso um andere Faktoren wie etwa Kultur, Tradition, Vorbilder – und Motivation.

 

Die „gläserne Decke“ existiert

Berufstätige Frauen (ob mit oder ohne Familie) stoßen in Deutschland immer wieder an die berühmte „gläserne Decke“. Sie wollen aufsteigen, doch ab einem bestimmten Punkt geht es nicht mehr vorwärts. Ich selbst habe das in meinem Umfeld erlebt und weiß daher genau, wie frustrierend es ist, als Frau gegen das Old-Boys-Netzwerk chancenlos zu sein. Gewachsene wirtschaftliche Strukturen in Männerhand und gegenseitiges Pushen zum richtigen Zeitpunkt booten Frauen schneller aus als sie das Wort „Karriere“ auch nur aussprechen können.

Auch ist es eine große Herausforderung, Kindererziehung und Beruf unter einen Hut zu bekommen. Und ebenso erwiesen scheint, dass es in der Privatwirtschaft für Frauen mehr Stolpersteine gibt als für Männer. Gleichzeitig können Frauen aber auch etwas gegen die alten Strukturen unternehmen – und diese Möglichkeit hervorzuheben, ist mir an dieser Stelle besonders wichtig. 

 

Aus der Opferrolle herauskommen

Was können Frauen tun, um höhere Positionen zu besetzen? Welche Möglichkeiten haben sie, sich gegen die männliche Konkurrenz durchzusetzen? Wie können Frauen selbst aktiv werden und reflektieren, wie viel Verantwortung sie für ihre Situation übernehmen? 

Immer wieder stelle ich fest, dass Frauen im beruflichen Umfeld häufig leiser und zurückhaltender sind als Männer. Mir fällt auf, dass sie oft Selbstzweifel hegen und sich ihrer selbst nicht ganz sicher sind. Das betrifft nicht nur die fachlichen Kompetenzen der Frauen, sondern auch ihre Führungsqualitäten. Während ein Mann meist von sich überzeugt und bereit ist, jede Herausforderung anzunehmen, zögert eine Frau eher und fragt sich, ob sie geeignet ist, die neue Aufgabe zu stemmen. Diese innerliche Grundhaltung beeinflusst nicht nur Bewerbungsprozesse, sondern auch alle anderen Phasen der beruflichen Entwicklung. 

Und genau hier liegt meiner Erfahrung nach der Schlüsselpunkt: Frauen dürfen durchaus an ihrem Selbstbild arbeiten, wenn sie Karriere machen wollen. Wichtig dabei ist, sich selbst zunächst einmal einzugestehen, dass man sich bisher kleiner gemacht hat als man ist. Das zuzugeben fällt vielen schwer, weil es nicht ins Bild der modernen, unabhängigen und starken Frau passt. Es ist leichter, sich und der Welt die Geschichte vom „unfairen System“ zu erzählen, anstatt sich selbst zu reflektieren und die eigenen Verhaltensmuster zu ändern – trotz aller Hindernisse, die unbestritten vorhanden sind.

Daher rate ich allen Frauen, sich immer wieder Zeit zur Reflexion zu nehmen und selbstkritisch zu schauen, welche beruflichen Hebel sie ganz allein in die Hand nehmen können.

 

Sprechen Sie aus, dass Sie aufsteigen wollen!

Des Weiteren ist Solidarität unter Frauen ein großes Thema. Auch hierzu gibt es Zahlen: Unternehmerrinnen in Deutschland beschäftigen rund 63 % Frauen, Unternehmer hingegen haben in ihren Teams etwa 53 % Frauen an Bord. Die familienfreundlicheren Arbeitsbedingungen finden sich häufiger in Unternehmen mit weiblicher Führung. Es zahlt sich also aus, wenn Frauen sich gegenseitig unterstützen – denn so steigt die Chance, nachhaltig mehr Frauen auch in höheren Positionen zu etablieren und das Potenzial weiblicher Führung für die Zukunft unseres Landes zu stärken. 

Wichtig ist meines Erachtens ebenfalls, dass Frauen lernen, ihre Kompetenzen deutlich hervorzuheben. Wenn ich eine Vakanz in einem Unternehmen besetzen möchte, spreche ich in aller Regel mit Kandidaten beider Geschlechter. Dabei fällt mir immer wieder auf, dass Männer besser darin sind, sich darzustellen und ihre bisherigen beruflichen Erfolge aufzuzeigen.

Frauen sollten ihre Leistungen ebenfalls deutlich darstellen und benennen, statt darauf zu warten, dass irgendjemand merken wird, wie gut sie in ihrem Job sind. Vor allem aber sollten Karriereambitionen nicht nur gedacht, sondern auch ausgesprochen werden. Niemand kann erwarten, befördert zu werden, wenn er zu keiner Zeit signalisiert, mehr Verantwortung übernehmen zu wollen. 

 
 
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