Onboarding Fehler: Der misslungene erste Arbeitstag und seine Folgen
- Babette Woldt
- 29. Mai
- 4 Min. Lesezeit

Man möchte es kaum glauben, aber es ist wahr: Immer noch gibt es Unternehmen, die gänzlich unvorbereitet davon überrascht werden, wenn an Tag X plötzlich der neue Mitarbeiter vor der Tür steht. Zwar wurde diese Person eingestellt, man hat im Vorfeld miteinander gesprochen, es wurden Verträge unterschrieben und ein Einstiegsdatum wurde vereinbart, aber der oder die Neue kommt dann doch schneller als erwartet.
Hohe Fluktuation ist teuer und sollte vermieden werden
Einige Unternehmen haben feste Einarbeitungsprozesse und gut geschulte Führungskräfte, die genau wissen, wie ein neues Teammitglied bestmöglich integriert werden kann. Es gibt aber auch Firmen, die in ein neues Arbeitsverhältnis hineinstolpern und mehr oder weniger erfolgreich improvisieren, wenn sie einen neuen Mitarbeiter einarbeiten und mit seinen Aufgaben vertraut machen.
Und ja, auch bei Letzteren handelt sich um Unternehmen, die eine Personalberatung engagieren. Es scheint etwas paradox, denn wer sich externe Hilfe für das Finden neuer Mitarbeiter leistet, tut das meist, weil er dringenden Bedarf hat. Darüber hinaus ist die Inanspruchnahme einer Personalberatung auch mit erheblichen Kosten verbunden.
Daher liegt die Annahme nahe, dass Firmen ein besonders großes Interesse daran haben, das neue Teammitglied bestmöglich willkommen zu heißen und sofort von dessen Beitrag zu profitieren. Leider erleben wir als Personalberater bisweilen etwas anderes. Die Konsequenzen sollten allen klar sein: Wer neu in ein Unternehmen kommt und an seinem ersten Arbeitstag den Eindruck gewinnt, er sei ein überflüssiger Gast, verliert sofort sämtliche Motivation.
Was können – ja, müssen! – Unternehmen also tun, um neue Mitarbeitende gut in die unternehmerischen Prozesse und die individuellen Verantwortungsbereiche einzuarbeiten? Diese Aufgabe obliegt dem künftigen Vorgesetzten und beginnt nicht erst am ersten Arbeitstag, sondern bereits am Tag der Vertragsunterzeichnung. Bis zu diesem Zeitpunkt sind wir als Personalberater mit dabei und beratschlagen selbstverständlich auch gerne bei allen Fragen zum Onboarding.
Unternehmen dürfen nicht untätig bleiben
Häufig vergehen zwischen Vertragsunterzeichnung und Einstand einige Wochen, sogar Monate. Der Job des künftigen Vorgesetzten lautet also: Halte den Kontakt! Klingt profan, ist aber ein wahnsinnig wichtiges psychologisches Element. In den sechs Monaten, die bis zum ersten Arbeitstag vergehen, können Mails verschickt oder kurze Anrufe getätigt werden, gerne im vier- bis sechswöchigen Rhythmus.
Beispielsweise könnten Sie kurz nachfragen, wie es dem künftigen Kollegen geht, gerne auch anreißen, was im Unternehmen aktuell Priorität hat und was die baldige Aufgabe sein wird. Es reichen zehn Minuten, die die Führungskraft hier investiert und die gleichzeitig einen sehr großen Wert für Mitarbeiterbindung und Motivation des Neuen bedeutet.
Nach der Unterzeichnung der Verträge sprechen wir als Personalberater überdies einige weitere Punkte an. Es liegt auch in unserem Interesse, dass der vermittelte Kandidat sich an seinem neuen Arbeitsplatz wohlfühlt. So erfragen wir beim Unternehmen, welche weiteren Abläufe geplant sind und wer im Team für die Einarbeitung des Neuen zuständig ist, welche Schulungen und Workshops geplant sind und ob es Teambuilding-Maßnahmen gibt.
Auch hier sollten Unternehmen Transparenz zeigen und offen für den neuen Kollegen oder die neue Vorgesetzte sein: Sind informelle Meetings geplant? Gehen wir zusammen auf eine Weihnachtsfeier oder treffen wir uns auf ein Getränk? Falls ja, sollte der neue Mitarbeiter oder die neue Kollegin unbedingt eingeladen werden, hieran teilzunehmen – auch wenn er oder sie noch nicht offiziell im Unternehmen ist.
Vorbereitungen für den ersten Tag
Die wesentlichen Grundlagen sollten am ersten Arbeitstag erledigt sein – für manche Unternehmen eine Selbstverständlichkeit, für andere jedoch eine Herausforderung. Die Infrastruktur, bestehend aus einem eingerichteten Arbeitsplatz, Zugang zu allen Lizenzen und zum Firmengebäude, dem Firmenwagen sowie dem Briefing der Teammitglieder, sollte vollständig zur Verfügung stehen. Wer in ein Unternehmen eintritt und all diese Faktoren als vorbereitet wahrnimmt, fühlt sich wertgeschätzt und ist motiviert.
Fehlen diese Grundlagen, führt das verständlicherweise zu Irritation, Demotivation und möglicherweise sogar zu Frust. Damit schadet ein Unternehmen sich selbst auf ganzer Linie und zeigt deutlich, welche Werte die Verantwortlichen in ihrem Arbeitsalltag leben – selbst, wenn dies nicht ihrer Absicht entspricht.
Onboarding im Homeoffice – auch das sollte vorbereitet sein
Seit der Corona-Pandemie bieten viele Unternehmen das Arbeiten im Homeoffice an. Für viele ist diese Option seitdem nicht mehr wegzudenken. Auch wenn die Notwendigkeit dazu derzeit nicht gegeben ist, sind Unternehmen auch aus unserer Sicht gut beraten, das Arbeiten im Homeoffice weiterhin – zumindest optional – anzubieten.
Erfolgt sogar der Einstieg in ein Unternehmen im Homeoffice, müssen die Verantwortlichen rechtzeitig dafür sorgen, dass den neuen Teammitgliedern nicht nur die Hardware, sondern auch die Software bereitstehen. Wer liefert die erforderlichen Geräte zu welchem Zeitpunkt? Braucht der neue Mitarbeiter Hilfe beim Aufbau seines Arbeitsplatzes oder schafft er das allein? Ist die Internetqualität vor Ort ausreichend? Fragen wie diese müssen zwingend geklärt werden, bevor (!) die Zusammenarbeit beginnt.
In seinem Büro zu Hause fehlt dem neuen Mitarbeiter am ersten Arbeitstag vor allem die Möglichkeit, sich die betrieblichen Gepflogenheiten von anderen abschauen zu können. Um unangenehme Situationen für den neuen Kollegen zu vermeiden, ist also auch hier der Vorgesetzte gefragt. Es ist sein Job, ein virtuelles Onboarding zu veranstalten und dabei die gängigen Verhaltensregeln aufzuzeigen: Wie sprechen wir uns gegenseitig an? Wie genau sind die Arbeits- und Pausenzeiten? Wie melden wir uns krank? Sehr wertvoll ist hierbei auch eine Datei mit Fotos, Verantwortungsbereichen und Telefonnummern der Teammitglieder, damit der neue Mitarbeiter sich im kollegialen Umfeld orientieren kann.